Verschwörungstheorien

Ich habe ein großes Problem damit, wie mit dem Begriff Verschwörungstheoretiker und –theorie umgegangen wird, daher schreibe ich einige Zeilen dazu.

Die vielmals inflationär benutzten Begriffe „Verschwörungstheorie“ und „Verschwörungstheoretiker“ sind nicht frei von Wertung, ganz im Gegenteil, sie sind massiv aufgeladen mit objektivierenden bzw. subjektivierenden Zuschreibungen.
Diese Zuschreibungen folgen einer destruktiven Logik. Es wird versucht einem Autor jegliche Seriosität abzusprechen und sein Werk als außerhalb des darstellbaren, kulturell ausgehandelten Debattenraumes, zu positionieren.

Diese Ausgrenzung hat im Gegenzug für den ausführenden Akteur den Effekt, sich ohne Investition eigener Arbeit in eine überlegene Position zu bringen. Er erlangt Deutungshoheit durch Diffamierung. Die schnelle Rezeption durch heutige Technik erledigt das äußerst effektiv.

In der Markierung zum Verschwörungstheoretiker ist der Anspruch enthalten, dass man einer Seite ungeprüft mehr glauben sollte als der anderen. Dies ist zuvorderst unfair und interessegeleitet.

Aus diesem Vorgang entwachsen ernste Folgeschäden für die Generierung von Wissen.

Die betroffene Seite wird sich durch Rechtfertigungszwänge möglicherweise radikalisieren oder aber zumindest sehr viele Ressourcen in eine Gegendarstellung stecken müssen. Die ausführende Seite wird ebenfalls geschädigt indem in ihr ein subjektives Gefühl zum Wissensmonopol aufgestiegen zu sein erwächst.

Stichhaltige Argumente, scharfe Theoriebildung und Austausch nehmen ab, die Debatte wird moralisiert oder erliegt.
Dass dies als Macht-Instrument gerne und dauerhaft genutzt wird, erläutere ich hier nicht näher, sollte aber mitgedacht werden.

Aus den oben genannten Gründen rate ich persönlich von der Verwendung der Begriffe ab.

– David Claudio Siber –

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Jochen Koller
Jochen Koller
5. Dezember 2020 19:42

Ich finde diese Deutung hervorragend, vielen Dank.