Persönliches Vorwort zum Diskussionspapier für den Deutschen Bundestag: Gedanken zur Risikoneubewertung bzgl Sars Cov-2 am 6. April 2020
Persönliches Vorwort:
„Die Corona-Krise hat uns alle fest im Griff!“. Bis vor einigen Wochen, empfand ich derartige Pressemeldungen noch als polemisch, reißerisch und überaus ärgerlich. Inzwischen jedoch, sind sie auf erschreckende Weise zu einer Tatsache geworden. Ich habe lange überlegt, wie ich formulieren könnte, um was es mir in diesem Schreiben geht. Nach reiflicher Überlegung, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich vielmehr zunächst formulieren sollte, worum es mir nicht geht, denn SARS-COV-2 polarisiert wie kein anderes Thema zur Zeit unsere Gesellschaft und ich sehe mich, einer Vielzahl von persönlichen Angriffen ausgesetzt, was mich sehr betroffen und nachdenklich gestimmt hat, jedoch meine Haltung gleichwohl auch bestärkt hat, dieses Schreiben zu verfassen.
Worum es also in diesem Schreiben nicht gehen soll, ist, irgendjemandem ein Versagen vorzuwerfen. Worum es nicht gehen soll, ist die Suche nach einem Schuldigen, gar einer „Verschwörung“, oder die Aufteilung in „richtig“ oder „falsch“. Worum es nicht gehen kann, ist jetzt eine Spaltung innerhalb des Parlaments zu bewirken, worum es nicht gehen kann, ist die ohnehin schon übermäßige Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung noch zu befeuern.
Worum es aber in dieser Situation aus meiner Sicht nicht gehen darf, ist die Verbreitung und unkontrollierte Erzeugung von Angst, denn die Maßnahmen betreffen uns alle, die wir in diesem Land leben. Angst, ist zu jeder Zeit ein schlechter Berater, denn Angst lähmt unsere Fähigkeit, differenzierte und vernünftige Entscheidungen zu treffen. Angst ordnet unsere gelebten Prioritäten um, sie reduziert unseren Fokus auf das nackte Überleben, denn das ist es, wozu die Angst nun einmal existiert – sie lässt uns überleben, sie lässt uns keine Zeit, für eine lange und differenzierte Abwägung. Angst erfordert eine Entscheidung, entweder in die eine, oder in die andere Richtung. Wer Angst hat, verharrt selten um sich zu sammeln, alle Informationen gründlich zu sortieren, vernünftig gegeneinander abzuwägen, zu hinterfragen. Denn das ist nicht der Sinn und Zweck der Angst.
Vielfach wurde mir vorgeworfen, ich sei „verantwortungslos“, als ich zum ersten Mal meine Bedenken kundgetan habe, was die derzeit praktizierte Datenerhebung betrifft. Ich sei „respektlos“ gegenüber jenen, die an „Corona“ bereits verstorben seien, oder zu denen gehören, die einer der zahlreichen Risikogruppen zuzuordnen sind. Diesen Menschen möchte ich Folgendes zu ihren Vorwürfen sagen:
Ich selbst, gehöre zu keiner dieser Risikogruppen, das ist wahr, doch meine Frau, welche an Krebs erkrankt ist, zählt dazu. Ich habe zwei schwer-behinderte Kinder, welche weder Impfungen, noch Medikamente bekommen dürfen, da sie allergisch auf die allermeisten Inhaltsstoffe reagieren. Mein Schwiegervater, ohne dessen Jahre lange und unermüdliche Unterstützung ich nicht hätte studieren können, ist schwer Lungen krank, ich habe Geschwister in Tirol, einer Region, die besonders schwer von der Krise betroffen ist. Ein Onkel lebt an der Grenze zur Schweiz und gehört nach einer sehr schweren Erkrankung ebenfalls zu einer Risikogruppe, ebenso, wie viele Freunde, Nachbarn und Bekannte.
Ich bin also, wie jeder in diesem Land, auf meine persönliche Weise von dieser Krise betroffen, ich habe vielleicht Entscheidungen zu treffen, von denen das Leben meiner Frau und meiner Kinder abhängen wird. Kann und soll ich ihnen eine Impfung, ein Medikament anraten, weil es eine Bedrohung durch ein Virus gibt, welche derart hoch ist, dass dieses Risiko gerechtfertigt erscheint, oder sollte ich das nicht tun, weil diese Entscheidung sowohl meine Frau, als auch meine Kinder gesundheitlich derart stark belasten würde, ich würde sie in Lebensgefahr mit dieser Entscheidung bringen. Was also, wenn das Virus sich in naher Zukunft glücklicherweise als harmloser offenbart, als zunächst befürchtet? Meine Entscheidung, werde ich dann nicht mehr revidieren können, ebenso, wie unzählige andere Menschen in unserem Land.
Ich erhebe also keinen Anspruch darauf, „im Recht“ zu sein, darum kann und soll es in diesem Schreiben nicht gehen, folglich kann und soll hiermit auch niemand „im Unrecht“ sein können.
Worum es also gehen muss, ist eine sachliche und differenzierte Betrachtungsweise, aller bisherigen Daten und Fakten, der bislang getroffenen Maßnahmen und Entscheidungen. Die Einschränkung von Grundrechten, hat es in dieser Form noch nie zuvor gegeben in diesem Land. Wir, als Teil einer Opposition, sind während einer derartigen Krise verpflichtet, der Regierung nach Möglichkeit den Rücken frei zu halten, die Fragen der Bürger mit der nötigen Zuversicht und Geduld zu behandeln, Antworten zu liefern, die beruhigen, die Mut machen und Verständnis für die Sorgen und Schicksale derer aufzubringen, die diese Krise besonders schwer belastet und betroffen hat.
Auf der anderen Seite, kann dies nur gelingen, wenn von Seiten der Regierung auch die Bereitschaft besteht, die getroffenen Entscheidungen nachvollziehbar zu begründen, Datenerhebung wissenschaftlichen Standards unterzuordnen und Maßnahmen transparent zu gestalten, mit Maß und Ziel. Ich muss, mit jeder dieser Entscheidungen, die ich heute unterstütze, auch in 10, in 20 und in 50 Jahren leben können. Ich muss, wir alle müssen unser Handeln von heute, auch in Zukunft tragen – dafür bereit sein, die volle Verantwortung zu übernehmen.
Deutschland, hat nicht nur einmal versäumt, besonnen abzuwägen, sich nicht von Angst und Anfeindung leiten zu lassen. Gerade dieses Land, kann und darf sich einen solchen Fehler, unter gar keinen Umständen mehr erlauben. Wir sagen, wir haben gelernt – aus unserer Vergangenheit, den Fehlern die wir gemacht haben, den Ängsten denen wir zu schnell nachgegeben haben, den vielen Fragen, die wir nie gestellt haben und den unzähligen Opfern, die unsere Fehlentscheidungen gekostet haben.
Ich bin für mich zu der Überzeugung gekommen, dass es zu viele offene Fragen gibt, die unbedingt gestellt werden müssen – ohne Vorwurf eines Versagens, ohne Schuldzuweisungen und Häme, doch sie müssen gestellt werden dürfen, wenn man von mir verlangt, derart schwerwiegende Entscheidungen mitzutragen. Entscheidungen, die unsere Freiheitsrechte betreffen, die Grundrechte und die derart schwerwiegende Folgen für Millionen Bürger in diesem Land haben werden.
Verantwortungslosigkeit, möchte ich mir gerade nicht vorwerfen lassen müssen, völlig unerheblich, von wem und sei es auch nur von mir selbst.
David Claudio Siber