Antrag auf Information an das RKI: David Claudio Siber am 1. Mai 2020
Sehr geehrte Damen und Herren,
dies ist ein Antrag auf Information auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes, des Umweltinformationsgesetzes und des Verbraucherinformationsgesetzes. Ich bitte um eine schriftliche Antwort innerhalb der gesetzlichen Frist. Im negativen Fall bitte ich um eine Rechtsmittelbelehrung.
Die Anfrage richtet sich in erster Linie an das RKI, sofern von dort keine zufriedenstellende Antwort erlangt werden kann, werden hiermit bereits mit zeitgleich zugehender Anfrage auch beim Gesundheitsministerium die zur Beantwortung der nachfolgend aufgeworfenen Fragen erforderlichen Unterlagen in Kopie herausgelangt. Die Anträge gehen heute auch per
Einschreiben/Rückschein an Ihr Haus, sowie das Gesundheitsministerium.
Vorab sei Ihnen mitgeteilt, dass ich regelmäßig die Homepage des RKI verfolge. Meine Anfrage bezieht sich auf die internen Dokumente in den Akten des RKI, insbesondere auch auf den Schriftwechsel des RKI mit den Behörden der deutschen Regierung, inklusive Kanzleramt.
Angesichts des allgemeinen Interesses an dem Thema meines Auskunftsantrages beantrage ich, dass mir die Kopien der angefragten Dokumente kostenloszur Verfügung gestellt werden. Für den Fall, dass Sie zu einer kostenlosen Überlassung nicht bereit sind, bin ich in der Lage, Fotokopien zu bezahlen. Für diesen Fall kündige ich jedoch schon jetzt eine Überprüfung durch den Datenschutzbeauftragten an.
Mein Auskunftsantrag richtet sich auf folgende Fragen:
- Ich beantrage die Herausgabe der Rohdaten – Infizierte, Genesene, Tote – für die CoronaBerichterstattung des RKI im Zeitraum 01.01.2020 – 02.05.2020. Insbesondere bitte ich dabei um die Überlassung der Dokumentation, welche der Infizierten in Krankenhäusern, in Arztpraxen oder an sonstiger Stelle getestet wurden und wo die Corona-Toten verstorben sind – in Kliniken, Altenheimen, an sonstigen Orten.
- Ich beantrage die Herausgabe aller Dokumente, aus denen sich ergibt, nach welchen Kriterien die Infizierten erfasst worden sind – Symptome, Kontakt zu Positiven, Einreise aus Risikogebieten etc. und warum die Kriterien so gewählt worden sind. Ebenso wird um die Überlassung von Dokumenten gebeten, nach welchen Kriterien eine Person als genesen gilt, bzw. nach welchen Kriterien sie als „an oder mit oder im Zusammenhang mit Corona oder COVID-19“ verstorben gilt. Ich bitte um die Übermittlung der Gründe dieser Einstufung und ob diese aufgrund einer autonomen Einschätzung des RKI oder auf Weisung oder unter
Einflussnahme dritter Entitäten, insbesondere der Regierung, erfolgt ist.
Zugleich wird um die Überlassung von Dokumenten gebeten, die belegen, ob, wann, wie und warum die Erfassungsmethode ggf. geändert worden ist. Sollten Weisungen anderer staatlicher Stellen, insbesondere der Regierung, für die Wahl der Erfassungsmethode und/oder die Umstellung von Erfassungsmethoden ursächlich gewesen sein, so bitte ich um Herausgabe entsprechender Unterlagen. Sollten die Methodenwechsel autonom vom RKI veranlasst worden sein, so bitte ich um Herausgabe der die Gründe darstellenden Dokumente. - Ich beantrage die Herausgabe aller Dokumente, aus denen sich ergibt, nach welchen Kriterien die statistische Erfassung der in den Altersheimen aufgetretenen SARS-Cov-2- Infektionen und Covid-19-Todesfälle erfolgt ist. Insbesondere wird dabei um die Herausgabe von Dokumenten gebeten, aus denen sich ergibt, ob vereinfachende Erfassungsmethoden gewählt worden sind, z.B. dergestalt, dass alle Bewohner oder Verstorbenen in einem Altersheim, in denen es einen oder eine bestimmte Anzahl an Infektionen/Todesfällen gab, dann als infiziert/als an Covid-19 verstorben gelten. Sollten Weisungen anderer staatlicher Stellen, insbesondere der Regierung, für die Wahl der Erfassungsmethoden und/oder der Umstellung von Erfassungsmethoden ursächlich gewesen sein, so bitte ich um Herausgabe entsprechender Unterlagen. Sollten die Methodenwechsel autonom vom RKI veranlasst worden sein, so bitte ich um Herausgabe der die Gründe darstellenden Dokumente.
- Ich beantrage die Herausgabe aller Dokumente, aus denen sich die Berechnungsmethoden für vom RKI im Zusammenhang mit der Corona-Berichterstattung vorgenommene Schätzungen ergeben. Sollten Weisungen staatlicher Stellen, insbesondere der Regierung für die Wahl der Berechnungsmethoden und/oder die Umstellung von Berechnungsmethoden ursächlich gewesen sein, so bitte ich um Herausgabe entsprechender Unterlagen. Sollten die Methodenwechsel autonom vom RKI veranlasst worden sein, so bitte ich um Herausgabe der die Gründe darstellenden Dokumente.
- In Bezug auf die Berechnung der Reproduktionszahl wird zusätzlich darum gebeten, alle Dokumente herauszugeben, aus denen sich ergibt, ob der Methodenwechsel vor Mitteilung des jüngsten Ergebnisses von 1 (23.04.2020) – Aufrundung von 0,98 auf 1 sowie Wahl einer anderen Bezugsgröße von 2000 statt zuvor 4000 Tote im Vergleichszeitraum – autonom vom RKI veranlasst wurde oder ob es insoweit entsprechende Weisungen anderer staatlicher oder privater Stellen, insbesondere von Seiten der Regierung, gab, und was von Seiten des RKI oder ggf. anderer Stellen Gründe für dieses Vorgehen waren.
- Ich beantrage die Herausgabe aller Unterlagen, aus denen sich ergibt, an welcher Stelle die – ohne Test – als Corona-infiziert geltenden Personen in der Corona-Statistik des RKI erfasst worden sind, sowie alle Unterlagen, die belegen, wann, aus welchen Gründen und ggf. auf wessen Weisung die entsprechende Einordnung erfolgt ist und welche Änderungen es im Hinblick auf deren Erfassung und statistische Einordnung im Zeitverlauf der RKI-CoronaBerichterstattung gegeben hat und ggf. auf wessen Veranlassung.
- Ich bitte um Mitteilung, ob aktuell Modellrechnungen existieren, wie sich die Anzahl der an Covid-19 erkrankten Personen über welchen Zeitraum entwickeln müsste, um angesichts von derzeit über 100.000 freien Intensivbetten und über 150.000 freien Krankenhausbetten zu einer Überlastung des Gesundheitssystems zu führen. Wenn ja, bitte ich um Herausgabe der Dokumente, aus denen sich die Berechnungsgrundlage sowie die Berechungsmethodik ergeben. Es wird zudem darum gebeten, diese Modellrechnungen und deren Ergebnisse auch für vorangegangene Zeiträume – insbesondere ab Bekanntwerden des ersten Corona-Falls und speziell vor der „lock down“ Entscheidung durch entsprechende Dokumentation zu belegen. Sollte die Wahl der jeweiligen Berechnungsmethode auf Weisung oder aufgrund von Einflussnahme anderer staatlicher oder auch privater Entitäten oder Personen erfolgt sein, so wird um die Überlassung entsprechender Dokumentation gebeten.
- Ich beantrage die Herausgabe der Rohdaten des Influenza-Sentinels des RKI im Zeitraum Oktober 2019 bis zum 02.05.2020.
- Ich bitte um Herausgabe aller Dokumente, aus denen sich ergibt, inwieweit sich das RKI bei der Erhebung der Daten und Durchführung von Studien im Vorfeld und während der CoronaKrise, insbesondere nach Auftreten des ersten Corona-Falles in Heinsberg, an den Vorgaben
des Nationalen Influenzaplans orientiert hat, insbesondere an dessen Kapitel 5, speziell an den in den Tabellen 4-6 von Kapitel 5.3. aufgeführten Parameter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/I/Influenza/Pandemieplanung/Downloads/Pandemieplan_Teil_II_gesamt.pdf?__blob=publicationFile. Sollte von der Erhebung der im Plan vorgegeben Parameter und der Durchführung der vorgeschriebenen Studien abgesehen worden sein, so werden die Gründe für dieses Vorgehen in dokumentierenden Unterlagen herausverlangt. Sollten Weisungen anderer staatlicher Stellen, insbesondere der Regierung, oder die Einflussnahme sonstiger Personen oder Entitäten für die Entscheidungen ursächlich gewesen sein, so bitte ich um die Herausgabe dies dokumentierender Unterlagen. - Ich bitte dabei insbesondere um die Herausgabe von Unterlagen, aus denen sich ergibt, warum – und ggf. auf wessen Weisung – von der Durchführung einer regelmäßigen, repräsentativen Sentinelstudie abgesehen worden ist. Insbesondere wird die Herausgabe von Dokumenten beantragt, aus denen sich ergibt, warum im Rahmen des Influenza-Sentinels der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI), des RKI, nicht regelmäßig eine Testung auf CoronaInfektion und eine Testung auf Antikörper gegen SARS-Cov-2 erfolgt ist und weiterhin nicht erfolgt.
- In diesem Zusammenhang wird auch um die Übermittlung von Dokumentation gebeten, welche Anstrengungen das RKI unternommen hat, Testkapazitäten für eine solche SentinelStudie oder eventuelle andere Studien zu erlangen und warum die Erlangung von Testkapazitäten ggf. gescheitert ist. Dabei wird um die Herausgabe von Dokumenten gebeten, an welche Hersteller sich das RKI gewandt hat bzw. welche staatlichen oder privaten Entitäten es ggf. um Hilfe gebeten hat und aus welchen Gründen diese ggf. Hilfe nicht leisten konnten bzw. ggf. verweigert haben.
- Es wird um Herausgabe von Unterlagen gebeten, aus denen sich ergibt, warum das RKI zu der Auffassung gelangt ist, von Obduktionen von COVID-19-Toten abzuraten, insbesondere wird dabei um die Übermittlung von entsprechenden wissenschaftlichen Studien etc. gebeten. Sollte die Empfehlung nicht auf einer durch eigene Recherchen gewonnenen Überzeugung beruhen sondern aufgrund von Weisung oder sonstiger Einflussnahme anderer Stellen erfolgt sein, so wird um die Übermittlung entsprechender Unterlagen gebeten.
- Es wird um die Übermittlung von Dokumenten gebeten, welche Aussagekraft das RKI dem Test zu Beginn der Pandemie und im weiteren Verlauf beimisst.
- In diesem Zusammenhang wird um die Herausgabe von Unterlagen gebeten hinsichtlich der Fragestellung, inwieweit vom RKI oder anderen staatlichen Entitäten Anstrengungen unternommen wurden, den PCR-Test für SARS-Cov-2 zu validieren bzw. aus welchen Gründen auf eine Validierung ggf. verzichtet wurde. Für Indien wurde am 26.03.2020 mitgeteilt, dass von 14 evaluierten Tests lediglich 3 zur Verwendung zugelassen wurden. Die Tests von Roche, (Basis sog. „Drosten-Test“) wurden mangels hinreichender Testgenauigkeit nicht zugelassen.
Insoweit ergibt sich aus der indischen Studie:
a) Roche’s three kits LightMix Modular SARS and Wuhan CoV E gene gives 91 per cent concordance among true positive and 100 per cent concordance among true negative,
b) LightMix Modular SARS and Wuhan CoV N gene give 93 per cent concordance among true positive 67 per cent concordance among true negative and LightMix Modular Wuhan RdRp gene gives 100 per cent concordance among true positives and 60 per cent concordance among true negative. Usha Sharma. ICMR approves three #Covid19 test kits for commercial use, expresshealthcare.in, March 26, 2020
Es wird um Überlassung von Dokumenten ersucht, inwieweit die indischen Erkenntnisse oder die anderer ausländischer Gesundheitsministerien etc. Einfluss in eine möglicherweise
fortlaufende Evaluierung gefunden haben und welche Tests in Deutschland zu diagnostischen Zwecken zugelassen waren, derzeit in Deutschland noch zu diagnostischen Testzwecken zugelassen sind und welche Tests von Anfang an oder aktuell insoweit nicht mehr zugelassen sind. - Weiter wird darum gebeten, Dokumente zu überlassen, aus denen sich ergibt, mit welcher konkreten Berechnungsmethode das RKI seine Statistiken um mögliche Verzerrungen durch falsch positive oder falsch negative Testergebnisse bereinigt hat oder zu bereinigen gedenkt.
Dabei wird insbesondere beantragt, Dokumente zu überlassen, aus denen sich ergibt, ob das RKI oder andere staatliche Entitäten, insbesondere das Gesundheitsamt, den untersuchenden Ärzten und Laboren nur Tests oder Assays bestimmter Hersteller (welche waren dies?) empfohlen oder zur Verfügung gestellt haben oder ob diesen z.B. eine Liste von Assays verschiedener Hersteller überlassen worden sind, und sie sich daraus Tests aussuchen konnten. Wie ist im letzteren Fall sichergestellt worden, dass die regional unterschiedliche Testverwendung nicht zu z.B. regionalen Ergebnisverzerrungen geführt hat?
Hochachtungsvoll,
David Siber